Die Kunstepoche der Renaissance, 1. Teil
Der Begriff der Renaissance beschreibt nicht nur einen bestimmten Stil der Bildenden Kunst oder eine Richtung in der Architektur. Der Begriff markiert vielmehr die Anfänge eines gesellschaftlichen Wandels. Seinerzeit begannen die bis dahin vorherrschenden Denkmuster und Verhaltensweisen, die im Mittelalter stark von religiösen Grenzen geprägt waren, nämlich langsam aufzuweichen.
Die Kunst, die Wissenschaft und auch das gesellschaftliche Leben nahmen im 15. Jahrhundert immer deutlicher neuzeitliche Strukturen an. Für diese Entwicklungen steht die Renaissance.
In einem zweiteiligen Beitrag schauen wir uns die interessante Kunstepoche der Renaissance einmal genauer an. Dabei kümmern wir uns im 1. Teil um die gesellschaftlichen Hintergründe und bedeutende Persönlichkeiten der Zeit. Im 2. Teil nehmen wir uns dann die größten Errungenschaften vor und werfen einen Blick speziell auf die Bildende Kunst und die Architektur.
Inhalt
Die zeitgeschichtliche und gesellschaftliche Einordnung
Im Mittelalter war das Leben von der christlichen Religion bestimmt. Der Mensch als Individuum war dabei bedeutungslos, das große Ziel war das Sein im Jenseits. Deshalb beschränkte sich das weltliche Dasein des Menschen in erster Linie darauf, die religiösen Gebote einhalten.
Die Kirche dominierte alle Lebensbereiche und machte es unmöglich, sich dem Einfluss der religiösen Ideen und Vorstellungen zu entziehen. Die Renaissance ließ ein neues Gefühl von Leben und Natur entstehen. Die Denkmuster und Verhaltensweisen änderten sich, es wurde geforscht und hinterfragt. Die mittelalterlichen Ideen verblassten und die Menschen entwickelten ein neues Selbstwertgefühl.
Florenz als die Wiege der Renaissance
Im 15. Jahrhundert fand in Italien eine Rückbesinnung auf die antike Kultur statt. Alte Sprachen wurden wiederbelebt, frühe Arbeiten aus der Literatur, der Philosophie und der Kunst hervorgeholt. Im Ergebnis entstand so der Humanismus. Gleichzeitig bekam die Kunstepoche auf diese Weise ihren Namen. Denn Renaissance ist das französische Wort für Wiedergeburt.
In Florenz prägten einflussreiche Familien, bedeutende Humanisten und angesehene Künstler die Gesellschaft und gleichzeitig die Kunstepoche. Die Toskana kann deshalb durchaus als die Wiege der Renaissance bezeichnet werden.
Noch im 13. und 14. Jahrhundert hatte Italien unter dem Eindruck von Machtkämpfen zwischen geistlichen Herrschern und weltlichen Regenten gestanden. Doch mit Beginn des 15. Jahrhunderts ließen eine stabile politische Lage und hervorragende Handelsbeziehungen das Land regelrecht aufblühen. Viele nichtadelige Familien gelangten durch den Handel und clevere Bankgeschäfte zu Reichtum und nutzen ihren neu gewonnenen Einfluss, um humanistische Studien zu fördern und sich als Mäzene zu präsentieren.
Das neue Selbstverständnis fand vor allem in der Kunst seinen Ausdruck. Künstler wurden damit beauftragt, Gemälde und Bauwerke zu schaffen, die den Ruhm verewigen sollten. Das ist übrigens auch der Grund für die große Vielzahl an Renaissance-Kunstwerken in Italien.
Die Renaissance verbreitet sich
Die Wirkungen, die die Kunstepoche entfaltete, erreichten im 16. und 17. Jahrhundert auch andere Länder in Europa. Künstler und Humanisten reisten zu Studienzwecken nach Italien und trugen ihre Erkenntnisse zurück in die Heimat.
Vor allem Deutschland und die Niederlande standen in einem regen Austausch mit Italien. Doch auch in Frankreich, Spanien und England sind die Einflüsse auf die Kunst, die Wissenschaft und das gesellschaftliche Leben unverkennbar.
Die freie Kunst kehrt zurück
Nach einer langen Unterbrechung durch das Mittelalter griff die Renaissance antike Lehr- und Kunsttraditionen auf, führte sie fort und entwickelte sie weiter. Die Wiederbelebung der römischen und griechischen Philosophie legte den Grundstein für den Humanismus, der zum geistigen Fundament der Renaissance wurde.
Die wissenschaftlichen Errungenschaften und die künstlerischen Arbeiten haben maßgeblichen Einfluss auf die moderne Zeit. Denn der Renaissance ist es gelungen, die mittelalterlichen Zwänge abzuschütteln und die freie Kunst wiederauferstehen zu lassen.
Bedeutende Persönlichkeiten der Zeit
Die Kunstepoche der Renaissance brachte sehr viele bedeutsame Persönlichkeiten hervor. Obwohl sie unterschiedlichen Tätigkeiten nachgingen und in verschiedenen Gesellschafts- und Lebensbereichen wirkten, sind ihre Lebensgeschichten oft miteinander verknüpft.
Ein großer Name der Renaissance ist Cosimo de Medici. Er war ab 1434 Stadtherr von Florenz und gilt als bedeutendster Mäzen seiner Zeit. Der Palazzo Medici, die Biblioteca Laurenzia und die Kirche San Lorenzo sind nur drei Beispiele für Bauwerke, die in seinem Auftrag gebaut wurden. Entworfen wurde die Kirche vom Architekten Filippo Brunelleschi.
Nach seinen Entwürfen wurden auch die Kuppel des Florentiner Doms und das Findelhaus errichtet. Das Findelhaus gilt als der erste große Renaissance-Bau. Brunelleschi wiederum wird als der Begründer der frühen Architektur der Renaissance bezeichnet. Zudem legten seine Lehre über die Perspektive und seine Forschungen zu Proportionen den Grundstein für die Kunst der Renaissance.
Die von Brunelleschi erarbeiteten Regeln zur Zentralperspektive setzte der Maler Massacio in seinen Gemälden um. Damit erschuf er die ersten perspektivischen Bilder der Kunstgeschichte. Ein weiterer wichtiger Vertreter der frühen Renaissance-Kunst ist der Bildhauer Donatello. Auch er nutzte die Erkenntnisse von Brunelleschi. Er übertrug nämlich die Proportionslehre auf seine Arbeiten und erschuf erstmals seit der Antike wieder freistehende, nackte Skulpturen.
Zu den führenden Architekten der Hoch-Renaissance gehört Bramante. Er machte sich als Maler durch seine Gemälde, als Baumeister vor allem aber durch den Entwurf des Grundrisses vom Petersdom in Rom einen Namen. Die Kuppel und der Chor des Petersdoms stammen aus der Feder von Michelangelo. Seines Zeichens Architekt, Maler, Bildhauer und Dichter, schuf Michelangelo unter anderem die Medici-Grabmäler in der Kirche San Lorenzo, die berühmten Fresken in der Sixtinischen Kapelle und die David-Skulptur in Florenz. Daneben zählt Botticelli zu den namhaften Künstlern der Hoch-Renaissance. Er ist unter anderem für sein Gemälde „Die Geburt der Venus“ bekannt. Nicht zu vergessen ist Raffael, der der Bauleiter des Petersdoms war und sich als Künstler vor allem durch seine Madonnenbildnisse hervortat.
Die bekannteste Persönlichkeit in der Kunstepoche der Renaissance dürfte aber Leonardo da Vinci sein. Er gilt als Universalgenie, denn er war Maler, Zeichner, Bildhauer, Architekt, Baumeister, Naturforscher und Erfinder in einer Person. Die „Mona Lisa“ und „Das Abendmahl“, diverse Naturstudien und die Kuppel des Mailänder Doms als Modell zählen zu seinen wichtigsten Arbeiten.
Die bedeutendsten Künstler der Spät-Renaissance sind Giorgione, Tizian und Tintoretto.
Außerhalb Italiens gehören die Maler Albrecht Dürer, Lukas Cranach der Ältere und Jan van Eyck zu den wichtigsten Vertretern der Renaissance-Malerei. Ihnen ist es gelungen, Elemente aus der italienischen Renaissance-Malerei mit Merkmalen der Spätgotik zu verknüpfen.
Papst Nikolaus V., der die Bibliothek des Vatikan gründete, Papst Pius II., der ein bedeutsamer Humanist war und ein umfangreiches literarisches Werk hinterließ, und Papst Julius II. der den Bau des Petersdoms in Auftrag gab, dürfen in der Liste der bedeutenden Persönlichkeiten ebenfalls nicht fehlen.
Gleiches gilt für den Staatstheoretiker Machiavelli und den Anatom, Chirurg und Begründer der modernen Medizin Vesalius. Zu guter Letzt sei noch Palladio genannt. Seine Bauwerke und Schriften prägten nicht nur die italienische Renaissance. Sondern sie hatten auch großen Einfluss auf den Klassizismus, der sich später in West- und Nordeuropa und in den USA entwickelte.
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Thema: Die Kunstepoche der Renaissance, 1. Teil
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