Was ist German Pop Art?

Was ist German Pop Art?

Die Kunstgeschichte kennt viele verschiedene Epochen mit einer Vielzahl an unterschiedlichen Kunststilen und Kunstrichtungen. Doch längst nicht alle Kunstrichtungen konnten sich einen Namen machen und sich in der Kunstszene etablieren. Eine solche Kunstrichtung, die vermutlich nur wenigen ein Begriff ist, ist die German Pop Art.

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Was ist die German Pop Art?

Die German Pop Art ist eine Kunstrichtung, die im Westdeutschland der 1960er-Jahre entstand. Dabei griffen die Künstler die US-amerikanische und die britische Pop Art auf und setzen sie in einer neuen, von Ironie geprägten Form um. Wie in der amerikanisch-britischen Pop Art lag auch bei der deutschen Pop Art der Fokus auf der Alltagskultur.

Gegenstände aus dem alltäglichen Gebrauch, Dinge aus der Werbung und Themen aus den Massenmedien wurden zum künstlerischen Sujet. Gleichzeitig stellten die Künstler in erster Linie normale, einfache Alltagsobjekte dar, um sich auf diese Weise klar von der seinerzeit weit verbreiteten Abstakten Kunst abzugrenzen. In der weiteren Entwicklung mischte sich dann eine gesellschaftspolitische Note in die Kunst.

Wie entstand die German Pop Art?

Ab den 1950er-Jahren verbreitete sich die Pop Art in den USA und in Großbritannien. Inspiriert von der Idee, sich der Alltagskultur und der Konsumgesellschaft aus der Perspektive der Kunst zu nähern, griffen die deutschen Künstler den Trend zeitlich versetzt auf. Bei der deutschen Variante der Pop Art war das künstlerische Schaffen aber von den Einflüssen des Wirtschaftswunders geprägt.

Die Künstler beschäftigten sich mit den Banalitäten des deutschen Alltags in der Nachkriegszeit und der ausklingenden Adenauer-Ära, beleuchteten die seinerzeit typischen Geschmacksideale und Denkmuster und setzen sich mit viel Ironie damit auseinander, was als die typisch deutsche Gemütlichkeit bezeichnet wurde.

Um der deutschen Version der Pop Art einen Namen zu geben, prägten die Düsseldorfer Künstler Gerhard Richter, Manfred Kuttner, Konrad Lueg und Sigmar Polke den Begriff Kapitalistischer Realismus. Dieser Begriff verstand sich als ironische Anspielung auf den Sozialistischen Realismus. Er wurde sowohl für eine gemeinsame Ausstellung im Mai 1963 als auch für eine Ausstellung, die Richter und Lueg im Oktober desselben Jahres veranstalteten, verwendet. Von Düsseldorf aus verbreitete sich die German Pop Art als Kunstrichtung dann in westdeutschen Städten wie München und Frankfurt sowie in West-Berlin.

Kleiner Exkurs: Der Kapitalistische Realismus

Der Begriff des Kapitalistischen Realismus geht auf die vier Künstler Gerhard Richter, Konrad Lueg, Sigmar Polke und Manfred Kuttner zurück. Sie führten den Begriff als Titel für ihre Ausstellungen und Kunstaktionen ein. Hintergrund hierzu war, dass die vier Kunststudenten die etablierten Kunstrichtungen ablehnten.

Folglich blieben ihnen die klassischen Möglichkeiten, ihre Arbeiten auszustellen, verwehrt. Richter und Kuttner kannten sich schon von ihrer Zeit an der Dresdner Kunstakademie, Polke und Lueg lernten sie Anfang der 1960er-Jahre an der Düsseldorfer Kunstakademie kennen. Anfang 1963 beschlossen die vier Künstler, selbst eine eigene Ausstellung zu organisieren.

Dafür mieteten sie ein Ladenlokal in der Kaiserstraße, ihre Vermieter war die Stadt Düsseldorf. In einer Mitteilung an eine Wochenzeitung, die Richter im Namen der Künstlergruppe als Ankündigung für die Ausstellung schrieb, verwendete er den Begriff des Kapitalistischen Realismus dann zum ersten Mal öffentlich. Im Mai 1963 wurde die Ausstellung eröffnet.

Im Oktober 1963 folgte eine Kunstaktion, die Richter und Lueg mit der Darbietung „Leben mit Pop – eine Demonstration für den kapitalistischen Realismus“ einleiteten. Hier sollte der gewählte Begriff das Gegenstück zum Sozialistischen Realismus sein und den wahren Kapitalismus, der im Westdeutschland der 1950er- und 1960er-Jahre von Konsum und Freizeit bestimmt war, auf ironische Art und Weise enttarnen. Im November 1964 konnten Richter, Lueg und Polke ihre Arbeiten in einer Galerie in Wuppertal ausstellen.

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Danach folgten weitere Ausstellungen in Berlin, organisiert vom Galeristen und Kurator René Block. Er ließ dabei auch andere Künstler ihre Arbeiten präsentieren. So erweiterten sich die Motive um weitere, teils politische Themen, die die Realität des Kapitalismus verarbeiteten. Das Verdrängen der Nazivergangenheit, Rassismus, Sexismus, gesellschaftliche Ungerechtigkeiten oder der Vietnamkrieg sind ein paar Beispiele dafür. Die Künstler griffen dazu unter anderem Alltagsgegenstände, Familienfotos und Bilder aus Illustrierten auf und setzten sie in Bildern, Grafiken und Installationen in Szene.

Welche Merkmale und Motive prägen die German Pop Art?

Die angloamerikanische Pop Art arbeitete mit Motiven aus der Konsumwelt und den Massenmedien, um die alltägliche Kultur und die Konsumgesellschaft aus einem künstlerischen Blickwinkel zu betrachten. Im Deutschland der Nachkriegszeit, in dem es durch das Wirtschaftswunder möglich geworden war, sich wieder einen bescheidenen Wohlstand aufzubauen, kam dieser Kunsttrend rund zehn Jahre später zum Ausdruck.

Die Künstler der German Pop Art würdigten die Möglichkeiten, die sich durch die Konsumwelt und die Massenmedien eröffneten, jedoch nicht. Stattdessen beleuchteten sie die Phänomene der 1960er-Jahre mit einer offenkundigen Ironie. Vor allem die kleinbürgerlichen Geschmacksideale und Denkmuster sowie die Erscheinungsformen dessen, was als typisch deutsche, aus ihrer Sicht aber beklemmende und trügerische Gemütlichkeit galt, wurden zu ihren Themen. Im Establishment der deutschen Kunstszene und in der öffentlichen Meinung löste die German Pop Art damit Entsetzen aus.

Ähnlich wie die amerikanische und die britische Pop Art legte auch die German Pop Art den Fokus auf die Kultur im alltäglichen Leben. Die deutschen Künstler übernahmen Begrifflichkeiten wie „populär culture“ und „junk“ als Leitmotive. Sie zählten Massenware, Kitsch, Banales, Weggeworfenes und Stereotypen aus den Medien, der Werbung und der Konsumwelt dazu.

Diese Muster und Motive verarbeiteten sie als Werkstoffe und machten sie so zu künstlerischen Sujets. Der Fotorealismus und das Stilmittel der Verfremdung, beispielsweise durch überdimensionale Darstellungen, waren ihre wesentlichen Ausdrucksmittel. Viele Arbeiten zeigten dabei simple Alltagsgegenstände wie etwa Möbelstücke, Kleidung und Schuhe oder Lebensmittel. Die Idee hinter der gegenständlichen Darstellung war auch, eine klare Grenze zur Abstrakten Kunst zu ziehen, die zu dieser Zeit eine wichtige Rolle in der deutschen Kunstszene spielte.

In der Folgezeit entwickelte sich die German Pop Art weiter und veränderte in diesem Zuge auch ihre Motive. Vor allem in Düsseldorf und Berlin floss eine politische Note in die Kunstrichtung ein, die sich in erster Linie in einer Gesellschaftskritik im Sinne der 1968er-Bewegung ausdrückte und gleichzeitig versuchte, die jüngste deutsche Vergangenheit aufzuarbeiten. Die Künstler waren auf der Suche nach einem neuen Kunstbegriff und auch auf der Suche nach einer neuen, demokratischen Identität.

Wer sind die berühmtesten Vertreter der German Pop Art?

Anders als die angloamerikanische Pop Art, die großen Zuspruch fand und sich als eine Art Universalkultur etablierte, bleibt die deutsche Pop Art in ihrer eigentlichen, spezifischen Ausprägung eher eine Randerscheinung. Dennoch gibt es einige namhafte Vertreter. Zu den wichtigsten deutschen Pop Art-Künstlern gehören

  • HP Alvermann,
  • Thomas Bayrle,
  • Christa Dichgans,
  • Karl Horst Hödicke,
  • Manfred Kuttner,
  • Konrad Lueg, der später unter seinem richtigen Namen Konrad Fischer als Galerist tätig wurde,
  • Sigmar Polke,
  • Gerhard Richter, damals noch als Gerd Richter, und
  • Wolf Vostell.
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Ferya Gülcan, Künstlername "Feryal" Kunstmalerin, Mitinhaberin Koozal Galerie & Möbel und Fotografin, Norbert Sachmann, Galerist, Christian Gülcan Mitinhaber Koozal Galerie & Möbel, (RZA) Kunstmaler und Betreiber diverser Kunstportale, schreiben hier Wissenswertes zur internationalen Kunst, Galerien, Maltechniken und Kunstgeschichte.

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